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Frage: Wie lautet die Auslegung (Tafsīr) der folgenden Āyah?
<يَا قَوْمِ ادْخُلُوا الْأَرْضَ الْمُقَدَّسَةَ الَّتِي كَتَبَ اللَّهُ لَكُمْ وَلَا تَرْتَدُّوا عَلَىٰ أَدْبَارِكُمْ فَتَنقَلِبُوا خَاسِرِينَ>
Dies bedeutet gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers:
<O mein Volk, tretet in das Heilige Land (al-Arḍ al-Muqaddasah) ein, das Allāh euch bestimmt hat. Und kehrt nicht den Rücken, sonst würdet ihr als Verlierer (al-Khāsirīn) umkehren.>
(Quelle: Der edle Qurʹān; Sūrah al-Mā'idah [5], Āyah 21)
Unterfrage: Hat Allāh das Land des heutigen Palästina damals den Banū Isrā'īl vermacht und gehört es ihnen?
Antwort: Allāhs Segen sei auf Muḥammad und der Familie von Muḥammad.Dieses Thema war über die Zeitgeschichte hinweg von großer Bedeutung. Auch in der heutigen Zeit hat es eine wichtige Stellung und es ist das Thema der Regenten dieser Welt und worum sich ihr Interesse dreht. Es ist heikel darüber zu sprechen und erfordert, sich präzise und genau zu äußern. Die Āyah ist klar und deutlich: Die Banū Isrā'īl / Kinder Israels / Israeliten sind angesprochen, der Sprechende ist Mūsā (عليه السلام) und es handelt sich um das Land Palästina. Um nun das richtige Verständnis dieses Āyah zu bekommen, ist es wichtig zu wissen, was der Sinn des Lebens ist, warum Allāh (سبحانه و تعالى) die Menschen erschuf und was Er uns mit dieser Āyah sagen will. Allāh (جل جلاله) erschuf die Menschen, damit sie die Religion (al-Dīn), die Wahrheit (al-Haqq) und die Gerechtigkeit (al-°Adl) auf der Erde errichten und eine reine und aufrichtige Dienerschaft gegenüber Allāh (جل جلاله) verwirklichen und pflegen. Denjenigen, die dies umsetzen, hat Allāh (تبارك وتعالى) versprochen, dass sie die Erde erben und die Herrschaft über sie erhalten werden. Das heißt, dass nicht allen, sondern nur den Rechtschaffenen und Gläubigen, den Frommen unter den Menschen diese Huld und Belohnung von Allāh (سبحانه و تعالى) auf der Erde zuteil wird.
<وَعَدَ ٱللَّهُ ٱلَّذِينَ ءَامَنُواْ مِنكُمْ وَعَمِلُواْ ٱلصَّـٰلِحَـٰتِ لَيَسْتَخْلِفَنَّهُمْ فِى ٱلْأَرْضِ كَمَا ٱسْتَخْلَفَ لَّذِينَ مِن قَبْلِهِمْ وَلَيُمَكِّنَنَّ لَهُمْ دِينَهُمُ ٱلَّذِى ٱرْتَضَىٰ لَهُمْ وَلَيُبَدِّلَنَّهُم مِّنۢ بَعْدِ خَوْفِهِمْ أَمْنًاۚ يَعْبُدُونَنِى لَا يُشْرِكُونَ بِى شَيْــًٔاۚ وَمَن كَفَرَ بَعْدَ ذَٲلِكَ فَأُوْلَـٰٓئِكَ هُمُ ٱلْفَـٰسِقُونَ>
Dies bedeutet gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers:
<Allāh hat denjenigen von euch, die glauben und rechtschaffene Werke tun, versprochen, dass Er sie ganz gewiss als Statthalter auf der Erde einsetzen wird, so wie Er diejenigen, die vor ihnen waren, als Statthalter einsetzte, dass Er für sie ihrer Religion (Dīn), der Er für sie zugestimmt hat, ganz gewiss eine feste Stellung verleihen wird, und dass Er ihnen nach ihrer Angst, stattdessen ganz gewiss Sicherheit gewähren wird. Sie dienen Mir und gesellen Mir nichts bei. Wer aber danach ungläubig ist, jene sind die (wahren) Frevler (al-Fāsidūn).>
(Quelle: Der edle Qurʹān; Sūrah al-Nūr [24], Āyah 55)
In dieser Āyah werden zwei Bedingungen deutlich: Der Glaube (al-Īmān) und die guten Werke (°Amilū Ṣāliḥāt). Allāh (جل جلاله) verspricht jenen, die glauben und gute Werke tun, zu Statthaltern bzw. Nachfolgern (Kalifen) auf der Erde zu machen. Nachfolger auf der Erde zu sein, bedeutet hier, in dieser Existenz die Religion auf der Erde zu etablieren. Hiernach wird Er ihre Religion auf der Erde festigen und die Furcht von ihnen wegnehmen und ihnen Sicherheit geben, vorausgesetzt, dass sie allein Allāh aufrichtig dienen. Wer seinen Zustand daraufhin ändert, so dann nimmt Allāh (تبارك وتعالى) diese Huld von ihm weg. Die Gunst gewährte Allāh (سبحانه و تعالى) den Banī Isrā'īl, indem Er ihnen die Rechtleitung schenkte und sie die Wahrheit erkennen ließ. Er ließ die Propheten von ihnen stammen und schenkte ihnen die Führung. Allāh (جل جلاله) bevorzugte sie damit vor anderen Völkern.
<وَإِذْ قَالَ مُوسَىٰ لِقَوْمِهِۦ يَـٰقَوْمِ ٱذْكُرُواْ نِعْمَةَ ٱللَّهِ عَلَيْكُمْ إِذْ جَعَلَ فِيكُمْ أَنۢبِيَآءَ وَجَعَلَكُم مُّلُوكًا وَءَاتَـٰكُم مَّا لَمْ يُؤْتِ أَحَدًا مِّنَ ٱلْعَـٰلَمِينَ>
Dies bedeutet gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers:
<Und als Mūsā zu seinem Volk sagte: „O mein Volk, gedenkt der Gunst (Ni°mah) Allāhs an euch, als Er unter euch Propheten einsetzte und euch zu Königen machte und euch gab, was Er niemandem (anderen) der Weltenbewohner gegeben hat.>
(Quelle: Der edle Qurʹān; Sūrah al-Mā'idah [5], Āyah 20)
Diese Gunst erwies Allāh (تبارك وتعالى) damals den Banī Isrā'īl und sonst niemandem bzw. keiner Nation. Wenn ein Volk solch eine Huld von Allāh bekommt, so kann sie zwei Richtungen einschlagen: Entweder wird sie dieses Geschenk von Allāh (سبحانه و تعالى) schätzen und sich bedanken oder diese Gunst leugnen und als Strafe von Allāh (جل جلاله) dem Unglauben (Kufr) und Frevel (Fasād) verfallen. Eben diesbezüglich wird uns die Warnung in der folgenden Āyah deutlich:
<وَإِذْ تَأَذَّنَ رَبُّكُمْ لَئِن شَكَرْتُمْ لَأَزِيدَنَّكُمْۖ وَلَئِن كَفَرْتُمْ إِنَّ عَذَابِى لَشَدِيدٌ>
Dies bedeutet gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers:
<Und als euer Herr ankündigte: „Wenn ihr dankbar seid, werde Ich euch ganz gewiss noch mehr (Gunst) erweisen. Wenn ihr jedoch undankbar seid, dann ist meine Strafe fürwahr streng.">
(Quelle: Der edle Qurʹān; Sūrah Ibrāhīm [14], Āyah 7)
Die Banū Isrāīl hatten damals die zwei Optionen, sich entweder bei Allāh (جل جلاله) zu bedanken und als Dank von Allāh (تبارك وتعالى) noch mehr zu erhalten oder undankbar zu sein und Allāhs Huld zu leugnen und damit die Strafe Allāhs auf sich zu ziehen. Was die Bevorzugung der Banū Isrā'īl betrifft, so ist diese nicht an ihren spezifischen Stamm gebunden. Allāh (سبحانه و تعالى) hat die Menschen grundsätzlich gleich erschaffen. Auch gibt es diesbezüglich keinen Unterschied zwischen Arabern und Nicht-Arabern. Der Unterschied ergibt sich aus der Gottesfurcht (Taqwā). Den Vorzug von Allāh (جل جلاله) erhält man also nicht durch eine Stammeszugehörigkeit, sondern durch seine Taten und Handlungen. Die Vorzüge, die der Banū Isrā'īl zuteil wurden, waren Mittel und Möglichkeiten, die Allāh (تبارك وتعالى) ihnen gewährte, um die Wahrheit leichter erkennen und in ihrem Leben umsetzen zu können. Diese Bevorzugung von Banū Isrā'īl und die Umstände, die ihnen gewährt wurden, waren also besonders. Seit der Gesandtschaft des Propheten Muẖammad (صلى الله عليه وعلى آله وسلم) haben alle Menschen dieselben Mittel, um die Wahrheit zu erkennen. Wer den Glauben an Allāh verwirklicht und gute Werke tut, wird die Erde und die Herrschaft über sie erhalten. Wer gegenteilig handelt, wird diese Gunst von Allāh verwehrt.
Allāh (سبحانه و تعالى) hat diese Erde einer bestimmten Gruppe von Menschen versprochen, die dafür gewisse Voraussetzungen erfüllen muss. Sie muss an Allāh (جل جلاله) glauben und ihren absoluten Gehorsam gegenüber Allāh verwirklichen. Wer sich von Allāh abkehrt, so gehört er nicht zu diesen Personen oder dieser Gruppe.
<قَالَ مُوسَىٰ لِقَوْمِهِ ٱسْتَعِينُواْ بِٱللَّهِ وَٱصْبِرُوٓاْۖ إِنَّ ٱلْأَرْضَ لِلَّهِ يُورِثُهَا مَن يَشَآءُ مِنْ عِبَادِهِۦۖ وَٱلْعَـٰقِبَةُ لِلْمُتَّقِينَ>
Dies bedeutet gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers:
<Mūsā sagte zu seinem Volk: „Sucht Hilfe bei Allāh, und seid standhaft! Gewiss, die Erde gehört Allāh; Er gibt sie zum Erbe, wem von Seinen Dienern Er will. Und das (gute) Ende gehört den Gottesfürchtigen (al-Muttaqīn).">
(Quelle: Der edle Qurʹān; Sūrah al-A°rāf [7], Āyah 128)
<وَلَقَدْ كَتَبْنَا فِى ٱلزَّبُورِ مِنۢ بَعْدِ ٱلذِّكْرِ أَنَّ ٱلْأَرْضَ يَرِثُهَا عِبَادِىَ ٱلصَّـٰلِحُونَ>
Dies bedeutet gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers:
<Und Wir haben bereits nach der Ermahnung in das Buch al-Zabūr geschrieben, dass Meine rechtschaffenen Diener das Land erben werden.>
(Quelle: Der edle Qurʹān; Sūrah al-Anbiyā' [21], Āyah 105)
Beide Āyāt sind allgemeiner Art und teilen uns mit, dass jene, die das Land erben werden, die rechtschaffenen Diener Allāhs sind. Das Land, ob es nun Palästina oder ein anderes ist, lässt Allāh (تبارك وتعالى) nur diejenigen, die rechtschaffen sind, erben. Wenn der Blick auf die heutigen sogenannten islāmischen Länder gerichtet wird, so wird klar, dass diese den Muslimen weggenommen wurden. Es sind nicht die Muslime, die in diesen Ländern standhaft sind und die Herrschaft innehaben. Letztendlich werden sie durch eine Weltregierung regiert, von der diese Länder entrissen wurden und beherrscht werden. Dieser Umstand ist der Tatsache geschuldet, dass die Muslime sich von der Wahrheit abwendeten und sich von ihr distanzierten. Ebenso kann im Hinblick auf unsere Beziehungen nicht mehr von Gerechtigkeit gesprochen werden – wir haben die Gerechtigkeit nicht in unserem Leben umgesetzt und auf der Erde etabliert. Allāh (سبحانه و تعالى) hat uns aber dennoch nicht vernichtet, sondern noch Zeit gewährt und die Herrschaft weggenommen und eine Scheinherrschaft bestimmt. Es sind die Könige und Präsidenten, die scheinbar und nicht tatsächlich die Regierenden sind, was sich in der heutigen Situation und Fitnah offenbart.
<[...] إِنَّ ٱلْأَرْضَ لِلَّهِ يُورِثُهَا مَن يَشَآءُ مِنْ عِبَادِهِ [...]>
Dies bedeutet gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers:
<[…] Gewiss, die Erde gehört Allāh; Er gibt sie zum Erbe, wem von Seinen Dienern Er will. […]>
(Quelle: Der edle Qurʹān; Sūrah al-A°rāf [7], Āyah 128)
Die heutigen Völker und Nationen befinden sich ungefähr auf dem gleichen Niveau und in einer ähnlichen Entfernung zur Wahrheit und Gerechtigkeit. Die Herrschaft auf der Erde gewährt Allāh, wem Er will und es ist unbedeutend, wer heutzutage diese Herrschaft besitzt. Schlussendlich wird es dazu kommen, dass die wahre Herrschaft und nicht die scheinbare Herrschaft, jenen wahren, rechtschaffenen Dienern Allāhs zuteil wird. Und wenn wir nach dieser Herrschaft streben, so müssen wir darauf achten und uns bemühen, dass wir zu diesen rechtschaffenen Dienern gehören, um diese schwierige Phase zu überstehen.
Und Allāh weiß es am besten und ist weiser.
Quelle: Tafsīr-Nr.-00015