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Im Namen Allāhs, des Allerbarmers, des Barmherzigen
Alles Lob und Preis gebührt Allāh, dem Herrn der Welten und Sein Segen und Heil seien auf dem geehrtesten der Propheten und Gesandten, Muḥammad, dem Sohne °Abd Allāhs, und auf seiner gereinigten Familie, seinen gesegneten Gefährten und auf all jenen, die ihnen im Guten bis zum Jüngsten Tag folgen. So dann:
Der Ratschlag (Naṣīḥah)
Der Gottesdienst (°Ibādah) ist eine Angelegenheit, die uns Allāh (سبحانه و تعالى) auferlegt hat. Damit wir diesen Gottesdienst auch verwirklichen können, hat Er uns die dafür benötigten Fähigkeiten geschenkt. Somit hat Allāh (عز و جل) uns den Gottesdienst erleichtert. Allāh hat uns Gaben gegeben, die leider viele Menschen missbrauchen. So heißt in einer Überlieferung (Ḥadīth):
Gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers:
Es wurde von al-Nu'mān ibn Baschīr überliefert, dass der Gesandte Allâhs (صلى الله عليه وآله وسلم) sagte: „Das Erlaubte (Ḥalāl) ist offenkundig und das Unerlaubte (Ḥarām) ist offenkundig, und zwischen beiden gibt es zweifelhafte Angelegenheiten, die viele Menschen nicht kennen. Wer die zweifelhaften Angelegenheiten meidet, wahrt seine Religion (Dīn) und seine Ehre. Wer jedoch in zweifelhafte Angelegenheiten gerät, ist wie ein Hirte, der um ein verbotenes Gebiet herum weiden lässt und die Herde beinahe darin grasen lässt. Wahrlich, jeder Herrscher hat seinen Bezirk, und wahrlich Allāhs Bezirk auf Seiner Erde sind Seine Verbote! Fürwahr, im Körper ist ein Stück Fleisch: Wenn es gesund ist, ist der gesamte Körper gesund, und wenn es krank / verdorben ist, ist der gesamte Körper krank / verdorben! Es ist das Herz!"
(Quelle: al-Dīn al-Aṣīl.com)
Mit Heil oder Verderbnis ist nicht die körperliche Gesundheit eines Menschen gemeint, sondern vielmehr der Zustand seines Glaubens (Īmān). Dieses kleine Stück Fleisch ist das Herz des Menschen, wobei nicht jenes Herz gemeint wird, das Blut in den Körper pumpt, sondern jenes Herz worin sich das Wissen und der Glaube befindet. Wenn wir an diesem kleinen Stück Fleisch arbeiten, dann arbeiten wir automatisch an unserem gesamten Körper. Viele Menschen haben genau diese Gabe von Allāh (سبحانه و تعالى) nicht verstanden und sie missbraucht.
Allāh (عز و جل) gab uns diesen Schlüssel und hat uns damit den Gottesdienst erleichtert. Wenn wir wollen, dass unsere Gottesdienste (°Ibādāt) und Bittgebete ('Ad°iyah) angenommen werden, dann müssen wir unsere Absicht (Niyyah) reinigen. Das alles muss aus einem reinen und aufrichtigen Herzen kommen. Die Entstehung all unserer Gedanken und Absichten und dessen Antriebe, beginnen in unserem Herzen. Wir sollten also dort beginnen, an uns zu arbeiten.
Wir sollten uns kritisch mit unseren Herzen auseinandersetzen:
- Wie sieht es in meinem Herzen aus?
- Ist es aufrichtig gegenüber Allāh?
- Ist es rein gegenüber den Menschen?
- Ist mein Herz gesund gegenüber meinen Freunden, Brüdern und Familienmitgliedern?
- Ist mein Herz von Liebe erfüllt, wenn einem anderen Menschen etwas Gutes wiederfährt?
- Ist mein Herz voller Hass, Groll und Abneigung?
Dies ist eine Sache, die jeder von individuell überprüfen muss. Falls wir feststellen, dass wir diese negativen Sachen in uns tragen, dann müssen beginnen dies zu ändern.
Das Herz, welches gemeint ist, ist nur im übertragenden Sinn „ein kleines Stück Fleisch“. Es handelt sich hierbei um jenes Herz, das als „al-Faqīh“ bezeichnet wird. Dieses Herz kann man nicht berühren, aber dennoch existiert es tief in uns und aus diesem Grund nennt man es „al-Qalb“. Es gibt viele Meinungen darüber, wo es sich befindet. Einige sind der Ansicht, dass es sich im Kopf befindet und andere in der Brust etc. Die Tatsache ist, dass viele Āyāt des edlen Qur'ān darauf hinweisen, dass sich dieses Herz, tief in der Brust eines Menschen befindet. So gibt es viele berühmte Überlieferungen (Aḥadīth), in denen es beispielsweise heißt, dass Allāh (سبحانه و تعالى) nicht auf unser Aussehen oder auf unsere Güte schaut, sondern vielmehr auf unser Herz. Wir müssen uns stets gegenseitig daran erinnern, dass wir an unseren Herzen arbeiten müssen.
Der Gottesdient (°Ibādah) teilt sich in zwei Teile:
- Das Herz (al-Qalb)
- Die Taten (al-°Amaliyya)
Das bedeutet, dass der Gottesdienst im Herzen beginnt und sich durch die Taten äußert. Wenn das Herz eines Menschen gesund ist, dann sind seine Taten ebenfalls gesund und wenn sein Herz sich in der Verderbnis befindet, dann sind die Taten eines Menschen genauso verdorben. Allāh (عز و جل) ist unser Schöpfer, der uns erschuf und uns am besten kennt. Und Er sagt immer wieder, dass diejenigen, die höchste Stelle bei Ihm haben, die am gottesfürchtigsten sind. Und die Gottesfurcht (al-Taqwah) ist ein Gottesdienst, der im Herzen entsteht.
Eine der größten Sünden aller Zeiten wurde begangen, als Allāh (سبحانه و تعالى) den ersten Menschen Ādam (عليه السلام) erschuf. Allāh befahl den Engeln und Iblīs, sich vor Ādam (عليه السلام) niederzuwerfen. Und wenn wir den Begriff Engel nutzen, dann meinen wir die Besten unter ihnen, wie beispielsweise Gabriel (Dschabrāʾīl), Michael (Mīkā’īl), den Todesengel (Malak al-Maut), (Isrāfīl) (عليهم السلام) usw. Alle unter den Engeln warfen sich nieder – bis auf den Dschinn Iblīs. Er war so sehr von seiner Überlegenheit gegenüber Ādam (عليه السلام) überzeugt und dass er besser sei als er, da er selbst aus Feuer und Ādam (عليه السلام) aus Erde erschaffen worden war, sodass er sich weigerte, den Befehl Allāhs umzusetzen und dies auch als Begründung für seine Weigerung äußerte. Seine Arroganz (Kibr) war sein Verständnis bzw. sein Maßstab für seine Handlung.
Viele Dinge, dir wir im Leben lernen, verstehen und umsetzen, müssen nicht unbedingt richtig sein. Man sieht beispielsweise einen muslimischen Bruder, der etwas tut und denkt sich, dass man diese Angelegenheit besser umsetzen könnte, als er. Das Problem hierbei ist, dass man diese Angelegenheit nach seinem persönlichen Wissen und Verständnis beurteilt, was in den meisten Fällen falsch ist. Gemäß der Logik von Iblīs ist „Erde“ besser als „Feuer“. Allerdings ist Erde viel segenreicher als Feuer, da die Erde viel Gutes beinhaltet, wie beispielsweise Nahrung und Wasser. Das Feuer hingegen ist gefährlich, da es im Allgemeinen Dinge verbrennt und zerstört. Allerdings hat Iblīs im Feuer Stärke und etwas Großartiges gesehen und die Erde für etwas Abwertendes gehalten. Das Problem hierbei ist, dass viele Menschen genauso wie Iblīs anhand ihres persönlichen Maßstabes annehmen, dass sie etwas Besseres sind, was aber oft nicht der Wahrheit entspricht.
Das Gegenteil der Arroganz (al-Kibr) ist die Bescheidenheit (al-Tawāḍu°). Die Bescheidenheitist eine gute Charaktereigenschaft und mit der richtigen Absicht kann diese Charaktereigenschaft sogar einen Gottesdienst darstellen, und zwar, wenn die Bescheidenheit für Allāh (عز و جل) praktiziert wird. So wird in einer Überlieferung erwähnt, dass Allāh demjenigen, der die Bescheidenheit für Allāh praktiziert, die Stellung im Dies- und im Jenseits erhöhen wird. Diese Art der Bescheidenheit muss in unserem Herzen beginnen. Es ist einfach, die Bescheidenheit mit Aussagen und Reden nach außen hin zu präsentieren, aber diese auch im Herzen zu tragen, ist viel schwerer für einen Menschen. Es nutzt einem nichts, die Bescheidenheit nach außen zu zeigen, aber im Herzen schlechte Gedanken und Meinungen über die Menschen zu tragen, die sich um einen herum befinden. Jene Bescheidenheit, die sich nicht im Herzen wiederspiegelt, ist nur reine Augendienerei (Riyā'). Wenn wir uns mit anderen Muslimen treffen, dann sollten wir vielmehr die Einstellung haben, dass alle anderen Geschwister besser als wir selbst sind.
Selbst in Bezug auf die Angelegenheiten des Diesseits ist es schön, wenn man sich bescheiden verhält. Wenn wir etwas mit den muslimischen Geschwistern, der Familie oder mit den Nachbarn unternehmen, dann sollten wir nicht den Eindruck vermitteln, dass wir uns für etwas Besseres als sie halten. Nur ein Teufel (Schayṭān) legt solch ein Verhalten an den Tag. Und genau dies war die Sünde des Iblīs. Die Arroganz ist die schlimmste Eigenschaft eines Menschen. Sie verdirbt das Herz und verursacht Unheil. Wir müssen an unsere Herzen arbeiten und damit wir das tun können, müssen wir unser Herz von den gesamten negativen Sachen reinigen.
Ein Gelehrter ist sehr schnell von dieser Eigenschaft aufgrund seiner Stellung in der Gesellschaft betroffen. Die Gelehrten besitzen das tiefgründige Wissen; sie haben Anhänger, die ihnen folgen; sie sind überall in der Öffentlichkeit hoch angesehen und sind daher anfällig für die Arroganz. Möge Allāh (سبحانه و تعالى) unsere Gelehrten vor jeglicher Arroganz schützen. Das Schlimmste ist, wenn ein Mensch diese Arroganz besitzt und kein Gelehrter oder Wissender ist. Ein Gelehrter hat zumindest einen Grund dafür, aber ein normaler Mensch hat überhaupt keinen Grund. Warum sollte also ein normaler Mensch einen Grund haben, ein arrogantes Verhalten an den Tag zu legen? Er ist kein Gelehrter und er hat auch keine Anhänger, er ist nicht in der Öffentlichkeit hoch angesehen und dennoch legt er ein arrogantes Verhalten an den Tag!? Diese Art von Menschen sind die schlimmsten auf der Erde.
Wenn man eine islāmische Sitzung leiten und hunderte Menschen einem zuhören würden und einen mit „O Schaykh“ oder „O Gelehrter“ ansprechen würde - wie würde dann unser Herz reagieren? Die Bescheidenheit beginnt in unseren Herzen und wir müssen daran arbeiten. Wir müssen uns zuerst eingestehen, dass wir ein schlechtes Verhalten und auch schlechte Charaktereigenschaften besitzen - erst dann können wir beginnen, uns zu ändern. Jeder von uns kennt sich selber am besten und jeder von uns ist ein Spiegel des anderen.
Ich möchte die Gelegenheit dazu nutzen, um uns alle dazu aufzurufen, dass der gegenseitige Ratschlag (Naṣīḥah) praktiziert wird. Allerdings gibt es Voraussetzungen für die richtige Art und Weise des Ratschlags, die wir unbedingt einhalten müssen, da er ansonsten nicht den Sinn und Zweck erfüllen wird.
Derjenige, der jemand anderen ermahnen möchte, soll folgende Punkte dabei beachten:
- Den richtigen Moment abwarten.
- Das Gespräch unter vier Augen suchen.
- Die passende Art und Weise wählen.
- Die Stimmlage
- Die Milde
Bevor man einen Ratschlag erteilt, sollte man mit einer Person darüber reden und sich beraten lassen. Am besten konsultiert man einen Gelehrten und fragt ihn, ohne einen Namen zu nennen, wie man am besten einen Ratschlag zu diesem Thema gibt. Im umgekehrten Fall, das heißt, wenn jemand zu uns mit einem Ratschlag kommt und wir ein krankes Herz besitzen, dann wird dieser Ratschlag für uns etwas Ungeheuerliches darstellen. Wenn unser Herz nämlich krank und voller Arroganz und negativen Dingen ist, dann würden wir uns darüber schrecklich aufregen. Wir würden diesen Ratschlag in keinem Fall akzeptieren. Vielmehr würden wir eher eine Diskussion beginnen und schlussendlich würde es zu einem Streit oder Schlimmere kommen.
Liebe Geschwister, wenn uns jemand ermahnen möchte, dann müssen wir folgende Punkte beachten:
- Gut zuhören.
- Versuchen mit der besten Absicht, das zu verstehen, was er/sie uns sagen will.
- Diese Person liebt mich und beratschlagt mich aufgrund seiner/ihrer Liebe.
Es ist eine sehr schöne Sache, wenn man beratschlagt wird und seine Geschwister beratschlagt. Dies stellt überhaupt kein Problem dar, sondern ist ein Bestandteil unserer Religion (Dīn).
Wir werden nun das Thema nochmals in vier kurzen Schritten wiederholen:
- Jeder kennt seine Stärken und Schwächen an denen man arbeiten soll, wobei man mit seinem Herzen beginnt.
- Wir Muslime sind der Spiegel unserer Geschwister. Ich sehe deine Fehler und ermahne dich und du siehst meine Fehler und ermahnst mich. Nur so können wir unsere Fehler und falsches Verhalten korrigieren und verbessern.
- Wir müssen immer vom Guten ausgehen.
- Wir sollten Bittgebete ('Ad°iyah) für uns selbst und für unsere Geschwister machen. Wir sollten Allāh darum bitten, dass Er uns unsere Fehler vergibt und unsere negativen Eigenschaften durch positive Eigenschaften ersetzt.
Nur wenn wir diese wichtigen Dinge beachten, können wir uns verbessern. Ebenfalls ist es sehr wichtig, dass wir unseren Kindern diese Dinge lehren und ihre guten Charaktereigenschaften (Akhlāq) hervorheben und sie dabei unterstützen. Daher sollte man schon im frühen Alter die eventuell vorhandene Arroganz bei einem Kind behandeln. Wenn man diese von klein auf nicht behandelt, dann wird sie im späten Alter schwer zu heilen sein.
Vergisst also nicht liebe Geschwister, die Arroganz hindert uns daran, dem Ratschlag zuzuhören und ihn zu akzeptieren. Somit ist die Arroganz ein Hindernis für die Erlangung des Wohlgefallen Allāhs.
Und Allāh weiß es besser und ist weiser.