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Frage: Darf man den Taqlīd gegenüber einem Gelehrten ohne Beweise verwirklichen? 

Antwort: Allāhs Segen sei auf Muḥammad und der Familie von Muḥammad.

Grundsätzlich soll ein normaler Mensch einem °Ālim (Gelehrte) „folgen“ und ihn nicht „nachahmen“. Der Unterscheid dabei ist, dass man beim Itbā° (Befolgen) nach dem Ḥukm (Urteil) und dem abgeleiteten Dalīl (Beweis) fragt und beim Taqlīd (Nachahmung) sich mit dem Ḥukm (Urteil) begnügt, ohne dass man nach dem Dalīl fragt. Sprachlich gesehen, fällt das Wort Taqlīd zwar unter den Begriff al-Itbā°, jedoch hat dieser eine allgemeinere Bedeutung. Trotzdessen nutzen wir die beiden Begriffe parallel zueinander, um eine Unterscheidung der beiden Arten des Befolgens – d.h. dem wissenden Befolgen und dem blinden Nachahmen - vorzunehmen.

Normalerweise sollte man den Taqlīd nicht verwirklichen, da das Erfragen des Dalīl eine Form der Sicherheitskontrolle für den °Ālim darstellt. Es beeinflusst den Idschtihād (Urteilsfindung) des °Ālim in eine gute Richtung, indem er sich bei der Präsentation seines Ḥukm stets Mühe geben wird, aufzuzeigen, dass er seinen Idschtihād durch standfeste 'Adillah (Beweise) abgeleitet hat. Wenn seine Anhängerschaft nicht nach den 'Adillah fragt, wird al-'Istinbāṭ (die Beweisführung) zu einer sekundären Angelegenheit. Weiterhin besteht die Gefahr beim Taqlīd, dass die Anhänger eines °Ālim ihm blind folgen, obwohl sie innerlich das Gefühl haben, dass dessen Aḥkām (Urteile) falsch sind.

Schlussendlich sollte man einem °Ālim also „bewusst“ folgen, was man erst dann verwirklichen kann, wenn man den Istimbāṭ kennt, auf den die Aḥkām (Urteile) aufbauen.

Und Allāh weiß es am besten und ist weiser.

Quelle: Fatwā-Nr.-00202