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Frage: Wer sind unsere Nachbarn und was sind ihre Rechte?

Vollständige Frage: Was sind die Rechte unserer Nachbarn, wer sind die Nachbarn in einem Hochhaus und in den umliegenden Häusern? Sind die Rechte der Nachbarn im islāmischen Staat und außerhalb unterschiedlich?

Antwort: Allāhs Segen sei auf Muḥammad und der Familie von Muḥammad.

Der Nachbar hat gegenüber dem Muslim Rechte und dies ist bei uns konkret und authentisch durch Āyāt und Aḥadīth (Überlieferungen) belegt.

<وَٱعْبُدُواْ ٱللَّهَ وَلَا تُشْرِكُواْ بِهِۦ شَيْـًۭٔا ۖ وَبِٱلْوَٰلِدَيْنِ إِحْسَٰنًۭا وَبِذِى ٱلْقُرْبَىٰ وَٱلْيَتَٰمَىٰ وَٱلْمَسَٰكِينِ وَٱلْجَارِ ذِى ٱلْقُرْبَىٰ وَٱلْجَارِ ٱلْجُنُبِ
وَٱلصَّاحِبِ بِٱلْجَنۢبِ وَٱبْنِ ٱلسَّبِيلِ وَمَا مَلَكَتْ أَيْمَٰنُكُمْ ۗ إِنَّ ٱللَّهَ لَا يُحِبُّ مَن كَانَ مُخْتَالًۭا فَخُورًا
>

Dies bedeutet gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers: 
<Und dient Allāh und gesellt Ihm nichts bei. Und behandelt die Eltern gut und die Verwandten, die Waisen, die Bedürftigen, al-Dschār (den Nachbar), sei er verwandt oder aus der Fremde, den Gefährten an eurer Seite, den Reisenden und das, was eure rechte Hand besitzt. Allāh liebt die nicht, die eingebildet und prahlerisch sind.> 
(Quelle: Der edle Qur'ān; Sūrah al-Nisā' [4], Āyah 36)

Es sind also verschiedene Gruppen von Menschen, denen gegenüber uns Allāh (سبحانه و تعالى) den schönen Umgang und die Güte anbefohlen hat, darüber hinaus sollen wir eben dieses Benehmen auch Anderen nahelegen und empfehlen. In der oben genannten Āyah wird zudem zwischen dem verwandten und dem fremden Nachbar unterschieden.

عَنْ عَائِشَةَ بِنْتِ أَبِي بَكْرٍ وَأَبِي عَبْدِ الرَّحْمَنِ عَبْدِ اللَّهِ بْنِ عُمَرَ، قَالَا: قَالَ رَسُولُ اللَّهِ (صلى الله عليه وعلى آله وسلم): «مَا زَالَ جِبْرِيلُ يُوصِينِي بِالْجَارِ حَتَّى ظَنَنْتُ أَنَّهُ سَيُوَرِّثُهُ».

Gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers:  
Es wurde von °Ā'ischah bint 'Abī Bakr und 'Abū °Abd al-Raḥmān °Abd Allāh ibn °Umar überliefert, dass der Gesandte Allāhs (صلى الله عليه وآله وسلم) sagte: „Dschabrāʾīl hörte nicht auf, mich in Bezug auf den Nachbarn (al-Dschār) zu ermahnen, bis ich dachte, dass er ihn für erbberechtigt erklärt.“
(Quelle: al-Dīn al-Aṣīl.com, Ḥadīth-Nr.-00003; Ṣaḥīḥ Muslim von 'Abū al-Ḥusayn Muslim ibn al-Ḥadschādsch al-Naysābūrī, Band 4, Seite 194, Ḥadīth-Nr. 2628)

عَنْ أَبِي هُرَيْرَةَ، قَالَ: قَالَ رَسُولُ اللَّهِ (صلى الله عليه وعلى آله وسلم): «مَنْ آمَنَ بِاللَّهِ وَالْيَوْمِ الْآخِرِ، فَلَا يُؤْذِ جَارَهُ، وَمَنْ آمَنَ بِاللَّهِ وَالْيَوْمِ الْآخِرِ، فَلْيُكْرِمْ ضَيْفَهُ، وَمَنْ آمَنَ بِاللَّهِ وَالْيَوْمِ الْآخِرِ، فَلْيَقُلْ خَيْرًا أَوْ لِيَصْمُتْ».

Gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers:  
Es wurde von 'Abū Hurayrah °Abd al-Rahmān ibn Sakhr al-Dausī überliefert, dass der Gesandte Allāhs (صلى الله عليه وعلى آله وسلم) sagte: „Wer an Allāh und den Jüngsten Tag glaubt, darf seinem Nachbarn (Dschār) keinen Schaden zufügen. Wer an Allāh und den Jüngsten Tag glaubt, soll nur Gutes sprechen oder schweigen.
(Quelle: al-Dīn al-Aṣīl.com, Ḥadīth-Nr.-00004; al-Dschāmi° al-Ṣaḥīḥ von Muḥammad ibn 'Ismā°īl al-Bukhārī, Band 2, Seite 91, Ḥadīth-Nr. 623)

Im edlen Qur’ān und in den Überlieferungen wird der generelle, allgemeine Umgang mit den Nachbarn beschrieben. Die Rechte des Nachbarn können sich je nach Verhältnis erweitern: So hat der muslimische Nachbar Rechte als Nachbar und Rechte als Muslim und derjenige Nachbar, der auch ein Verwandter ist, hat Rechte als Nachbar und als Verwandter. Wer gehört nun zu den Nachbarn? Wenn die Überlieferungen danach betrachtet werden, wie der Prophet (صلى الله عليه وعلى آله وسلم) oder die Imāme (عليهم السلام) damals gelebt haben, so zeigt sich, dass der Kreis der Nachbarschaft ein sehr weiter ist.

علي بن إبراهيم عن أبيه عن ابن أبي عمير عن هشام بن الحكم عن أبي عبد الله (عليه السلام) قال: حد الجوار أربعون بيتا من كل ناحية

Gemäß der ungefähren Übersetzung der Auslegung des Übersetzers:  
Es wurde von °Alī ibn 'Ibrāhīm al-Qummī überliefert, der von seinem Vater 'Ibrāhīm ibn Hāschim al-Qummī überliefert, der von 'Abū Aḥmad Muḥammad ibn Abī °Umayr al-'Azdī überliefert, der von Hischām ibn al-Ḥakam überliefert, dass 'Abū °Abd Allāh Dscha°far ibn Muḥammad al-Ṣādiq (عليه السلام) sagte: „Die Grenze [des Rechts] der Nachbarschaft (al-Dschiwār) ist vierzig Häuser auf jeder Seite."
(Quelle: al-Dīn al-Aṣīl.com, Ḥadīth-Nr.-00002; al-Kāfī von Schaykh 'Abū Dscha°far Muḥammad ibn Ya°qūb ibn Isḥāq al-Kulaynī al-Rāzī, Band 2, Seite 269)

Die Nachbarschaft ist also vierzig Häuser auf jeder der vier Seiten des Gebäudes. Wenn dies im Hinblick auf unsere Situation und die Zeit, in der wir leben gesehen wird, so wird klar, dass unsere Nachbarschaft Hunderte oder Tausende Nachbarn umfasst. Dieser Umstand führt uns eine weitere Regel vor Augen, die Allāh (سبحانه و تعالى) uns gab: Allāh (عز و جل) hat keine Seele zu etwas verpflichtet, was sie nicht zu tragen vermag. So liegt es nahe, dass wir unter unseren Umständen die Aufmerksamkeit auf unsere naheliegenden Nachbarn richten.

Die Farā'iḍ (Pflichten) gegenüber den Nachbarn sollen nach Möglichkeiten erfüllt werden und die Muslime nicht in Bedrängnis bringen. Man soll den Rechten der Nachbarn so nachkommen, wie man dazu fähig ist, und was in den eigenen Möglichkeiten liegt. Die Beziehungen sollen gepflegt werden, indem man dem Nachbarn grundsätzlich und allgemein stets seine Hilfe und Unterstützung zur Verfügung stellt und ihn gut behandelt. Man soll dem Nachbarn in schwierigen Situationen beistehen, sein Mitgefühl und Beileid bei seinen Problemen und im Trauerfall zeigen, sei dies durch ein gutes Wort, Besuch oder materielle bzw. finanzielle Unterstützung. Wenn es notwendig ist, so hat man dem Nachbarn Beistand zu leisten und ihn in Not zu verteidigen. Ein Nachbar, der zudem bedürftig ist, hat aufgrund seiner Bedürftigkeit zusätzliche Rechte und ihm soll nach Möglichkeit und Lage materiell bzw. finanziell geholfen werden. Man darf den Nachbarn nicht durch irgendeine Tat oder durch ein Wort beleidigen oder ihm Schaden zufügen und man muss sich ihm gegenüber gütig erweisen. Die Rechte der Nachbarn kommen sowohl im islāmischen Staat als auch außerhalb zur Geltung.

Und Allāh weiß es am besten und ist weiser.

Quelle: Fatwā-Nr.-00012